Jubiläum: 50 Jahre DRA


Herbert Mertin (Minister der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz): 50 Jahre Deutsche Richterakademie, veröffentlicht in: DRiZ, Heft 5, 2023, S. 175 ff.

Die Deutsche Richterakademie besteht seit nunmehr 50 Jahren in Trier in Rheinland-Pfalz und seit 30 Jahren in Wustrau in Brandenburg. Die feierliche Eröffnung der Deutschen Richterakademie in Trier am 16. Februar 1973 mit Dr. Gerhard Jahn als Bundesminister der Justiz, Dr. Helmut Kohl als Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und vielen anderen prominenten Vertreterinnen und Vertretern wurde zurecht als bedeutendes Ereignis der deutschen Justizgeschichte und als ein gelungenes Beispiel eines kooperativen praktischen Föderalismus wahrgenommen. Man wollte die besondere Stellung der Justiz und ihrer Aufgaben im demokratischen Rechtsstaat stärken und setzte mit der Einrichtung der Deutschen Richterakademie dem bis dahin genutzten Provisorium der sog. „Fliegenden Akademien“ ein Ende.

Heute haben die allermeisten Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in ihrer beruflichen Laufbahn schon ein- oder mehrmals eine Tagung an der Deutschen Richterakademie in einer der beiden attraktiven Tagungsstätten besucht. Die Fortbildungen werden durchweg als Bereicherung empfunden. Im Zeitraum von 1973 bis 2022 konnten an der Deutschen Richterakademie 4.877 Tagungen mit insgesamt 161.102 Teilnahmen erfolgreich durchgeführt werden.

Fortbildung ist unverzichtbar für die Bewältigung des Berufsalltags der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Der Leitgedanke des lebenslangen Lernens ist daher ein selbstverständliches Postulat in der Justiz. Die umfangreichen Fortbildungsangebote der Deutschen Richterakademie belegen dies eindrucksvoll. So umfasst das Programm neben Fortbildungen zum materiellen nationalen und internationalen Recht auch verhaltensorientierte und interdisziplinäre Tagungen.


Dabei sind die Besuche an der Richterakademie mehr als reine Fortbildungen. Die Tagungshäuser in Trier und Wustrau sind auch Begegnungsstätten, deren Besuch Gelegenheit zu kollegialen Kontakten und zum individuellen Erfahrungsaustausch über die Ländergrenzen hinweg bietet. Die Referentinnen und Referenten aus allen juristischen Bereichen schärfen seit 50 Jahren unter hohem persönlichen Einsatz den Blick auf die aktuelle Rechtsprechung und ihre Fortentwicklung ebenso wie auf gesellschaftliche Entwicklungen, denen sie in ihrem beruflichen Alltag begegnen.

Mit ihrem Gesamtangebot leistet die Deutsche Richterakademie damit einen außerordentlichen Beitrag zu einer lebensnahen, lebendigen und wehrhaften Justiz, zu einer einheitlichen Anwendung des Bundesrechts.

Ich danke allen, die in den letzten Jahren zu diesem enormen Erfolg beigetragen haben: Den Referentinnen und Referenten, den Bediensteten in der Deutschen Richterakademie, Bund und Ländern. Natürlich gilt mein Dank auch der Stadt Trier und dem Land Brandenburg, welche seit nunmehr stolzen 50 bzw. 30 Jahren wunderschöne Tagungsstätten bieten. Ich bin zudem den Parlamenten in Bund und Ländern für die anhaltende Finanzierung der Deutschen Richterakademie dankbar.

Seit einigen Jahren finden einzelne Tagungen an der Deutschen Richterakademie online statt, auch wenn an der Vorherrschaft des Präsenzformats nicht gerüttelt werden soll. Die ergänzende Einführung digitaler Formate bietet Chancen für eine noch höhere Teilnehmerzahl und eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie soll zukünftig durch die Implementierung einer bundesweiten E-Learning-Plattform ausgebaut werden.

Die Deutsche Richterakademie ist für die Zukunft gut aufgestellt und muss es auch sein. Denn eine unabhängige und hervorragend fortgebildete Justiz ist und bleibt Rückgrat unseres Rechtsstaats. Dies wird sich auch in den nächsten 50 Jahren nicht ändern. Dabei wird weiterhin auf eine auskömmliche Finanzierung zu achten sein.

Als Vertreter des Sitzlandes Rheinland-Pfalz ist es mir eine Freude, der Deutschen Richterakademie zu ihrem 50-jährigen Bestehen herzlich zu gratulieren. Ich wünsche ihr auch in den kommenden 50 Jahren den ihr gebührenden Erfolg. Sie hat es verdient.

 

 

Fünfzig Jahre Deutsche Richterakademie: Bewährtes bewahren, Herausforderungen annehmen – Ein Erfahrungsbericht aus den Tagungsstätten

(von Dr. Stephan Jaggi, LL.M., J.S.D. (Yale), Direktor der Deutschen Richterakademie)

Die Deutsche Richterakademie (DRA) wurde am 16. Februar 1973 eröffnet und feiert in diesem Jahr ihr fünfzigjähriges Bestehen. Dieses Jubiläum gibt mir die Gelegenheit, ein Resümee zu ziehen über das, was sich in den vergangenen Jahren bewährt hat, und über neue Herausforderungen zu sprechen, welchen die Akademie sich gestellt hat und noch stellt.

Die DRA ist die einzige bundesweit operierende Fortbildungsstätte für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat zwei Tagungsstätten, eine in Trier (Rheinland-Pfalz) und eine in Wustrau (Brandenburg). Die Tagungsstätte in Trier wurde 1973 eröffnet, die Tagungsstätte in Wustrau 1993.

Bewährt hat sich über fünfzig Jahre das Präsenz-Tagungsprogramm der DRA, das in beiden Tagungsstätten der Akademie stattfindet. Dieses Tagungsprogramm besteht zu 55% aus juristischen Fachtagungen, zu 25% aus fachübergreifenden Tagungen und zu 20% aus verhaltensorientierten Tagungen. So sieht es die Beschlusssammlung der Programmkonferenz der DRA vor. In der Praxis werden meist etwas häufiger juristische Fachtagungen und entsprechend etwas seltener interdisziplinäre und verhaltensorientierte Tagungen angeboten.
Von den Teilnehmenden haben wir dazu über die Jahre gute Rückmeldungen bekommen: Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus der ganzen Bundesrepublik besuchen die Tagungen der DRA seit Jahren rege und bewerten sie im Schnitt mit 8,1 von 9,0 erreichbaren Punkten. Die beiden Tagungsstätten der DRA erreichten 2019 eine Auslastung von 92,9%. Die Präsenztagungen in den Tagungsstätten bieten dabei viele Vorzüge: Neben der in beiden Tagungsstätten hoch gepriesenen herzlichen Gastfreundlichkeit der DRA-Teams und des vorzüglichen Essens sehen die Teilnehmenden den Nutzen von Präsenzveranstaltungen vor allem auch darin, sich außerhalb des Unterrichts, in den Pausen, bei den Mahlzeiten und beim Gespräch nach Unterrichtsende, persönlich und fachlich austauschen zu können. Hier kommt es zu Landesgrenzen überschreitenden Rechtsgesprächen, von deren Erfahrungs- und Wissenstransfer die Rechtsprechung bundesweit profitiert.

Mit dem Jahr 2020 waren Präsenztagungen wegen der Corona-Pandemie nicht mehr möglich. Die Pandemie wurde dadurch trotz aller ihrer Hürden und persönlichen Belastungen für alle Betroffenen zur Gelegenheit für die DRA, sich einem bis dahin noch nicht umfänglich erschlossenen Bereich zuzuwenden, nämlich der Digitalisierung. In der heißen Phase der Pandemie bestand die einzige Alternative zur kompletten Schließung darin, Tagungen online durchzuführen. Die Herausforderungen waren enorm und die Lernkurve aller Beteiligten verlief steil. In enger Kooperation mit den Justizverwaltungen des Bundes und der Länder waren wir jedoch nach kurzer Zeit in der Lage, Online-Tagungen mit teilweise über hundert Teilnehmenden mit gutem Erfolg durchzuführen.

Die Digitalisierung erlaubte uns, viele geplante Tagungen wie angekündigt durchzuführen. Das war mit Sicherheit für viele in ihrem Berufsalltag enorm durch die Herausforderungen der Pandemie geforderten Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ein stärkender fachlicher Lichtblick und willkommener Ort der virtuellen Begegnung. Wir erreichten so auch eine ganz neue Gruppe von Teilnehmenden. Insbesondere junge Eltern sehen in Online-Tagungen auch heute eine Gelegenheit, sich fortzubilden, ohne dafür längere Abwesenheiten von familiären und beruflichen Verpflichtungen in Kauf nehmen zu müssen. Die Gesamtzahl der Teilnehmenden steigerte sich so von fast 4.500 Personen im Jahr 2019 auf knapp 5.500 im Jahr 2022. Interessant ist auch, dass sich der Anteil weiblicher Teilnehmerinnen von 49% in 2019 auf 56% in 2022 gesteigert hat.

Die Erfahrung zeigt aber auch, dass nicht jede Tagung für das digitale Medium gleichermaßen geeignet ist. Tagungen, bei denen ein sehr aktiver Austausch zwischen Teilnehmenden im Vordergrund steht, wurden online als eher anstrengend empfunden. Kurze Tagungen, bei denen es in erster Linie um Wissensvermittlung geht, bieten sich hingegen sehr gut für Online-Fortbildungen an. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen entschied die Programmkonferenz der DRA, dass Präsenzveranstaltungen weiterhin das Kerngeschäft bleiben sollen; zusätzlich zum Kerngeschäft soll das digitale Fortbildungsangebot aber weiter ausgebaut werden, um so insgesamt mehr Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten die Möglichkeit zu geben, sich bedarfsgerecht fortzubilden.

Diese Vorgabe hat die DRA bislang so umgesetzt, dass im Jahr 2021 zunächst zwanzig zusätzliche Online-Tagungen in das Programm aufgenommen wurden. Zudem wurde das Format der Hybrid-Tagung eingeführt, bei der zusätzlich zu den Teilnehmenden in Präsenz weitere Teilnehmende online zugeschaltet werden. Online Zugeschaltete können dabei nahezu uneingeschränkt mit den in Präsenz Teilnehmenden kommunizieren. Das Ergebnis dieser Neuerungen habe ich weiter oben bereits dargestellt: Eine deutliche Steigerung der Gesamtzahl der Teilnehmenden von 2019 auf 2022 um etwa 20 %. Rückmeldungen der Teilnehmenden zeigen jedoch auch, dass es richtig war, die Präsenztagungen als Kerngeschäft der DRA nicht anzutasten. Sie bieten mit ihren Möglichkeiten zu informellem, direktem Austausch Vorteile, die digitale Veranstaltungen nicht haben. Digitale Veranstaltungen dienen in erster Linie dazu, Teilnehmerkreise anzusprechen, die aus beruflichen oder privaten Gründen bislang nicht oder kaum in der Lage waren, das Fortbildungsangebot der DRA zu nutzen. Die konsequente Digitalisierung des Fortbildungsangebots der DRA bietet so mehr Teilnehmenden die Möglichkeit zur Fortbildung. Zwei zusätzliche IT-Kräfte bei der DRA sind seit 2022 damit beschäftigt, das zusätzliche digitale Fortbildungsangebot zu verwalten und den notwendigen technischen Support bereitzustellen.

In einem nächsten Schritt hat die DRA im Februar 2023 eine E-Learning Plattform in Betrieb genommen. Diese Plattform macht zunächst allen Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten in der Bundesrepublik zwei E-Learning Module zugänglich, und zwar eines zur interkulturellen und eines zur digitalen Kompetenz. Das sind zwei von insgesamt drei E-Learning Modulen, für die der Bund im Pakt für den Rechtstaat 2019 eine E-Learning Plattform hat entwickeln lassen. Unter www.e-justizfortbildungen.de wird das Fortbildungsangebot für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte um E-Learning Fortbildungen erweitert. Das dritte Modul zur psychologischen Kompetenz ist noch in Arbeit und soll Interessierten zeitnah verfügbar gemacht werden. Schließlich hat die DRA mit Unterstützung des European Judicial Training Network (EJTN) eine sog. Zoom-Room Technologie erworben, mit deren Hilfe künftig EU-weit digitale Justizfortbildung angeboten wird.

Insgesamt hat die Pandemie der DRA also einen Digitalisierungsschub gegeben, von dem die Justizfortbildung bundesweit profitiert und auf dem sie in Zukunft aufbauen kann. Den nächsten fünfzig Jahren DRA sehen wir so mit Spannung entgegen.

 

Unter nachfolgendem Link können Sie einen weiteren Artikel zum 50 jährigen Jubiläum der DRA nachlesen: Artikel Süddeutsche Zeitung

 

 

 

 

Deutsche Richterakademie - Tagungsstätte Trier: trier(at)deutsche-richterakademie.de - Tagungsstätte Wustrau: wustrau(at)deutsche-richterakademie.de